"Wie bitte? Genussmittel? Das Zeugs schmeckt doch höchstens nach Seife. Erträglich wird Whisky erst mit Cola oder durch Beigabe von jeder Menge Eis. Solange man keine Angst vor dem nächsten Tag hat, kann man sich sogar hervorragend betrinken mit dem Gesöff. Da mir jedoch erstens mein Zahnarzt von Cola abriet, ich zweitens auch auf kalte Seife gut verzichten kann und da ich drittens, und das mag ich als entscheidenden Aspekt anführen, zu intelligent bin, keine Angst vor dem nächsten Tag zu haben, bleib mir bitte weg mit Deinem Whisky."
Grob umzeichnet waren das meine Worte als ein Freund mich einlud zu einem Gläschen Scotch. Er lächelte: "weißt Du, dass das ziemlich exakt meine Reaktion auf eine Einladung vom Klaus war? Und mein Gesichtsausdruck wird dem Deinen jetzt nicht unähnlich gewesen sein", fuhr er mit noch breiterem Grinsen fort. Während dessen stellte er 6 Gläser auf den Tisch, öffnete sodann 2 Flaschen, die übrigens zu meinem Erstaunen mit Korken verschlossen waren, um dann von jeder Flasche ein klein wenig in jeweils 2 Gläser zu geben.
"3 Whisky werde ich Dir zu kosten geben", sagte er. "Die dritte Flasche öffnen wir aber zuletzt. Du wirst nachher verstehen warum."
Hm, so langsam wurde ich dann aber doch ein klein wenig neugierig. "Haha, jetzt soll ich vermutlich den Seifegrad dieser drei Köstlichkeiten bestimmen, wie? Du hast das Eis vergessen!" Mein Freund ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, nahm das erste Glas zur Hand und forderte mich auf, es ihm gleich zu tun. "Nein, kein Eis, es würde verhindern, dass sich die Aromen entfalten. Nun führe das Glas so an Deine Nase, dass sie sich über und hinter dem Glas befindet. Du wirst zuerst fast nur Alkohol spüren, also schnuppere nur ganz vorsichtig. Jetzt schwenke das Glas ein wenig - wie beim Rotwein. Siehst Du wie der Whisky nur ganz langsam am Glas hinab läuft? Das ist ein Indiz für den Alkoholgehalt des Whisky. So," fuhr er fort, "und nun führe das Glas hinten beginnend langsam an Deiner Nase vorbei. Und jetzt sag mir was Du riechst!"
Etwas von den Socken und sehr erstaunt über das was ich da roch, antwortete ich ihm gehorsam: "nun, da ist Vanille, Toffee oder Karamell, hey, Honig? Wow! Und Malz."
"Und jetzt nimmst Du ein kleines Schlückchen, kaust den Whisky, schieb ihn ein wenig durch den Mund. Da Du so viel Alkohol nicht gewohnt bist, wirst Du deutlich weniger Nuancen erkennen als dieser Whisky beinhaltet. Aber ein oder 2 Gläschen in der Woche und Du wirst nach 2 Wochen die ersten richtigen Geschmackserlebnisse haben. Und, was meinst Du?"
"Ähm, keine Seife, ne, lecker, ich bin überrascht, ein wenig süß, fast wie Sherry?"
"Das war der Balvenie Double Wood, wir fahren fort mit dem 10-jährigen Talisker", damit nahm er das 2. Glas zur Hand und forderte mich auf, ihm gleich zu tun. "Und? Was sagt Deine Nase jetzt?"
Ich vollzog also das erlernte Ritual und war wiederum überrascht. "Ähm, das riecht nach Lager- oder Kaminfeuer, würzig, und wieder malzig." Ohne weitere Aufforderung nahm ich ein Schlückchen, "boah, der ist ja klasse! Der schmeckt auch noch nach Lagerfeuer, und er wärmt wie eines. Ist da Pfeffer drin oder was?"
Mein Freund lächelte: "na? Seife? Oder etwa olfaktorische Vielfalt und geschmackliche Erlebnisse? Ich habe zwischenzeitlich 30 verschiedene Scotch genossen und alle riechen und schmecken unterschiedlich!"
Dann nahm er die dritte Flasche zur Hand, sah mich erwartungsvoll an und öffnete sie. Fast augenblicklich füllte sich der Raum mit dem Geruch einer frisch geteerten Straße. Er grinste, wohl ob meines staunenden und vollständig verwirrten Gesichts. "Das", sagte er, "ist ein Ardbeg! Ein Ardbeg braucht Übung und Geduld. Wenn man sich mit diesem Whisky aber angefreundet hat, dann liebt man ihn."
2 Jahre sind vergangen seit diesem Abend. Whisky ist mir zu einer Art Hobby geworden. Und weil ich zu der Zeit etwas Zeit hatte, habe ich einen Shop für Scotch Whisky umgesetzt. Jetzt, im Oktober 2007, umfasst der Shop etwa 220 Whisky. Ich habe immer noch nicht alle probiert, freue mich aber schon darauf. Und auf die nächsten 200 Single Malt Scotch Whisky.
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